Durch
saftig-grüne Köge radeln oder hautnah am faszinierenden Wattenmeer entlang. In einem
kleinen Hafen fangfrische Krabben aus der Tüte genießen, das Rad irgendwo am
Deich für eine Badepause ruhen lassen und später in einer fotogenen Altstadt
auf Entdeckungsreise gehen. Das sportlich- intensive Nordsee-Erlebnis hat einen
Namen: North Sea Cycle Route. Auf 6000 Kilometern und durch 7 Länder rund um
die Nordsee führend, wurde sie im Mai 2001 als längster beschilderter
Radfernweg Europas eröffnet - und sofort etappenweise von begeisterten
Radwanderern "erfahren". Und so rollen auch zwischen Hamburg und der
dänischen Grenze, am Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer entlang,
seitdem unermüdlich die Räder. Tendenz: zunehmend.
Es
ist ein ebenso erholsames wie erlebnisreiches Vergnügen, das den Radwanderer
zwischen Unterelbe und Dänemark erwartet. Die ebene Landschaft ist wie zum
Radwandern geschaffen, vor allem wenn der frische Wind von hinten schiebt. Und
bläst er gar zu kräftig von vorne, so gibt es vielerorts die Möglichkeit, samt
Gefährt einen Fahrradbus zu besteigen oder ein paar Stationen weit die Bahn zu
benutzen. Selten ist man auf "langweiligen" Radwegen an Bundesstraßen
unterwegs. Viel häufiger bewegt man sich komfortabel auf kaum befahrenen, gut
asphaltierten ländlichen Wirtschaftswegen oder auf sogenannten "Katastrophenwegen"
vor oder hinter den Seedeichen. Die sind besonders eindrücklich. Einerseits das
grandiose Erlebnis des Wattenmeers, andererseits friedlich weidende
Deichschafe... Typisch Nordsee eben!
Von
Hamburg bis zur dänischen Grenze sind es 357 abwechslungsreiche Kilometer. Die
wenigsten Touristen radeln sie in voller Länge ab, man erkundet eher die eine
oder andere Etappe rund um den Urlaubsort. Oder man entscheidet sich für eine
kleinere Region wie die Unterelbe, Dithmarschen oder die Köge hoch oben im
Norden, wo das Deutsche allmählich einen dänischen Klang bekommt. Irgendwo
unterwegs ein Bett für eine Nacht zu bekommen, ist meist kein Problem. Die
Gastgeber am Nordseeküsten-Radweg haben sich auf die Radwanderer eingestellt.
Reservierung ist allerdings anzuraten.
Zwischen
Hamburg und dem Nord-Ostsee-Kanal
Die
Strecke von Hamburg bis zum Nord-Ostsee-Kanal ist 110 Kilometer lang.
Elbe-Radwanderweg könnte sie heißen, denn bis Brunsbüttel - der westlichen
Kanalmündung - geht es durch Haseldorfer und Wilstermarsch immer die Unterelbe
entlang. Wedel ist die erste Stadt auf schleswig-holsteinischem Gebiet. Die
Schiffsbegrüßung Willkommhöft und die ersten beschaulichen Kilometer schön auf
dem Elbdeich sind ein zünftiger maritimer Auftakt. Durch die Haseldorfer Marsch
führt die Route dann noch einmal landeinwärts, Elmshorn entgegen. Ein Verzicht
auf diesen Abstecher ist jedoch an Wochenenden ungewöhnlich reizvoll: Bei
Seesteraudeich an der Krükau wartet dann ein muskulöser Fährmann mit der
historischen motorlosen Minifähre Kronsnest auf Fußgänger, Radler und Räder.
Von Kollmar bis nach Glückstadt und danach weiter fast bis St. Margarethen geht
es wieder zünftig am Elbdeich entlang. Glückstadts Altstadtkern - ein
sehenswertes Stadtdenkmal! Glückstädter Matjes - eine Delikatesse, die es hier
in unzähligen leckeren Variationen gibt. Auch das kleine Dorf St. Margarethen,
gleich hinterm Elbdeich, hat seine Spezialität: den St. Margarethener
Damenlikör. Ein teuflisch scharfer Schnaps, mit dem schon manche(r) zum Narren
gehalten wurde.
Der
Nord-Ostsee-Kanal - ein Höhepunkt dieser Etappe. Allein schon wegen der
Schleusenanlagen und zum "Traumschiffe gucken" ist Brunsbüttel am
Kanalende (oder -anfang) einen Besuch wert. Ein ebenso attraktiver wie
erholsamer "break" für radelnde Landratten: Mit dem Fährschiff mal
eben in einer Stunde nach Cuxhaven rüber. Und zurück natürlich. Denn jetzt soll
es
Durch
Dithmarschen
Gehen.
Bis Meldorf macht der Nordseeküstenradweg hier seinem Namen keine Ehre, denn er
führt mitten durchs Land. Da gibt es Gemüse- und Kohlfelder soweit das Auge
reicht. In Dithmarschen reifen jedes Jahr rund 80 Millionen Kohlköpfe heran -
das größte Kohlanbaugebiet Deutschlands. Das Dorf Eddelak mit der Windmühle
"Gott mit uns" (zu besichtigen), St. Michaelisdonn mit seinem kleinen
Flugplatz und vor allem die Domstadt Meldorf machen die Strecke
abwechslungsreich. Ein Vergnügen, durch Meldorfs historischen Stadtkern zu
bummeln oder sich im Dithmarscher Landesmuseum im Tante-Emma-Laden oder der
Dorfschule umzusehen! Radelt man lieber stets in Nordseenähe, dann sollte man
die Alternativstrecke über Friedrichskoog wählen. Da passiert man den Windpark
im Kaiser-Wilhelm-Koog (mit Infozentrum) und kann später im kleinen Hafen von
Friedrichskoog genüsslich fangfrische Krabben verspeisen oder die Seehunde in
der Seehundstation besuchen. "Krabben satt" gibt es natürlich auch in
Büsum, das man auf einer schönen Deichstrecke über Warwerort und Büsumer
Deichhausen - mit gemütlich-ländlichen Badestränden - erreicht. Büsum, das ist
Hafen-Atmosphäre und Wellness-Erlebnis, Strandleben und Shopping-Vergnügen
zugleich. Für manchen Nordseeradler sicher auch Ausgangspunkt und Ziel seiner
Touren, denn Büsum ist nach St. Peter-Ording das zweitgrößte Seebad der Küste.
Bis
zum Eidersperrwerk, Grenze zwischen Dithmarschen und Nordfriesland, führt der
Radweg nun immer innen am Deich entlang. Das reizt natürlich, ab und zu
abzusteigen und einen Blick über die Krone zu riskieren. Am Wattenmeer kann man
sich nie satt sehen! Freunde des
Dichters Hebbel wählen vielleicht die Alternativstrecke landeinwärts über die
idyllische Kleinstadt Wesselburen mit seinem hochinteressanten Hebbelmuseum, in
dem der junge Hebbel als Schreiber des Kirchspielsvogts seine
"Karriere" startete.
Das
Eidersperrwerk stellt mit Tönning und dem Katinger Watt ein tagesfüllendes Ziel
für sich dar. Da ist einerseits dieses ungewöhnliche technische Bauwerk, das
die Eider reguliert und gleichzeitig das Land vor den Sturmfluten der Nordsee
schützt. Da ist das Katinger Watt mit Feuchtgebieten, Wiesen und Wald, ein
üppig gewachsenes und bei Vögeln beliebtes Rast- und Brutgebiet, das erst durch
den Bau des Eidersperrwerks (1967 - 1973) entstanden ist. Und da ist die
historische Stadt Tönning mit ihrem malerischen Hafen und dem sehenswerten Multimar
Wattforum, das die Schönheit und Einzigartigkeit des Nationalparks Wattenmeer
auf lebendige, spannende und unterhaltsame Weise deutlich macht.
Durch
die Halbinsel Eiderstedt
Von
Tönning nach St. Peter-Ording und dann mitten durchs Land bis nach Husum: die
Halbinsel Eiderstedt. Typisch die denkmalgeschützten Haubarge mit ihren
gewaltigen, meist reetgedeckten Dächern, die man weithin in der tiefliegenden
Marschenlandschaft sieht. Typisch auch die beweideten Fennen, begrenzt von
wassergefüllten Gräben und Sielzügen.
Eiderstedt
liegt tief. Ohne sein weitverzweigtes Entwässerungssystem würde es
"absaufen". Eine besonders schöne Radelstrecke direkt am Außendeich
verbindet Tönning und das Seebad St. Peter-Ording. Rechterhand friedliche Köge,
hie und da eine schmucke Ansiedlung, schöne Reetdachhäuser. Links der Blick
über das Wattenmeer, über Vorland und Lahnungen, in kleine Häfen und familiäre
Badestellen. Kleine Stopps am Wege: eine kleine Galerie, ein Naturlehrpfad des
Nationalparks, ein Wattenmeer-Infozentrum. Aktive Erholung pur!
St.
Peter-Ording, größtes Seebad der Küste, verlockt mit seinem komfortablen
Freizeitbad Dünentherme, mit dem Westküstentierpark, mit Shopping-Meilen und
urigen Pfahlbaurestaurants auf dem 12 km langen Strand zu ausgedehntem Aufenthalt.
Da kann sich der Radler dann auch in Ruhe überlegen, welche Strecke er nach
Husum wählen will. "Offiziell" verläuft der Nordseeküsten-Radweg auf
der Halbinsel Eiderstedt nun über Tating und Garding, also durch das
Landesinnere. Eine schöne Alternative aber ist der Deichweg am markanten
Leuchtturm Westerheversand vorbei. In Uelvesbüll trifft er wieder mit dem
offiziellen Radweg zusammen.
Unterwegs
nach Garding radelt man nördlich der vielbefahrenen Bundesstraße auf einem
ruhigen, gut asphaltierten Wirtschaftsweg und trifft in Tating auf einen der
ungewöhnlichsten Gärten der Region, den Hochdorfer Garten, einen Barockgarten,
der inzwischen zum geschützten Gartendenkmal gekürt wurde. Gardings Kirche
thront auf einer Warft mitten auf dem Marktplatz der gemütlichen Kleinstadt, es
ist der höchste Punkt der Halbinsel. 23 "Stadterzählschilder" machen
Stadtbummler anschaulich mit Gardings Vergangenheit bekannt. Bis Uelvesbüll
sind es nur 6,5 km. Und dann ist man auch fast schon am bildschönen
weißgestrichenen "Roten Haubarg" in Witzwort - Café und Restaurant,
landwirtschaftliches Museum und bestes Anschauungsobjekt für diese so typische
Eiderstedter Bauernhausform. Vogel-Freaks erreichen bei Simonsberg und im
Finkhaushalligkoog ein Traumziel. Wasserflächen, durch Deichbrüche bei
Sturmfluten entstanden, entwickelten sich hier zu beliebten Vogelstätten. In
der Ferne ist bereits Husum zu sehen.
Husum
- Kreisstadt, Hafenstadt, Stormstadt, Museumsstadt, Krokusstadt im März. Eine
Stadt, in der man mühelos mehrere Tage kurzweilig gestalten kann. Am
malerischen Hafen mittendrin schmecken Fisch und Krabben ganz besonders frisch
und lecker. Nordfriesisches Museum Nissen-Haus und Schiffahrtsmuseum bieten
anschaulich Hintergrundwissen zur Nordsee-Radtour. Das Theodor-Storm-Haus,
jahrelang Wohnhaus des Dichters (zu besichtigen), ist noch im Originalzustand
erhalten.
Von
Husum zur dänischen Grenze
Die
letzte Etappe bis zur dänischen Grenze ist 107 km lang und bis Dagebüll besonders "nordseeintensiv" -
immer am Deich entlang, hautnah am Nationalpark Schleswig-Holsteinisches
Wattenmeer und mitten durch Naturschutzgebiete. Zuerst geht es über einen Damm
zur bäuerlichen Insel Nordstrand hinüber, die durch Landgewinnungsmaßnahmen
rechts und links allmählich immer mehr Festlandcharakter bekommt. Ausgedehnte
Kornfelder gibt's hier, Schafe über Schafe, kleine Häfen. Viele Verlockungen,
zu verweilen. Hier starten die Fähre nach Pellworm und Ausflugsschiffe in die
Halligwelt, von hier kann man sich im Pferdewagen zur Hallig Südfall
kutschieren lassen. Im Nationalpark-Infozentrum hört, sieht und erlebt man die
Welt des Wattenmeers von bislang unbekannten Seiten. Vorm Weiterfahren
unbedingt das "Nationalgetränk" Nordstrands, den Pharisäer, genießen!
Aber nur einen, der hat's nämlich in sich!
Nun
kommt eine außergewöhnliche Strecke über einen Damm, der den jungen
Beltringharder Koog, ein Naturschutzgebiet, von der Nordsee trennt. Eine
Abzweigung führt auf einem Damm zur winzigen Hamburger Hallig mit ihrer
Salzwiesen-Vegetation. Kein Problem, mit dem Rad hinüber zu fahren. 10 km
weiter nördlich ist der Fährhafen Schlüttsiel erreicht. Von hier geht es zu den
Halligen. Von Dagebüll, der nächsten Station, zu den Inseln Föhr und Amrum.
Jetzt
entfernt sich die offizielle Route des Nordseeküsten-Radweges vom Wattenmeer.
Es geht Niebüll und Seebüll entgegen - zwei lohnende Ziele für Kunstfreunde. Im Niebüller
Richard-Haizmann-Museum ist moderne Kunst zu Hause, der Name Seebüll steht für
sich. Seebüll, das ist Emil Nolde. Das sind seine Bilder und das ist sein noch
von ihm selbst angelegter üppiger Garten, in Frühling, Sommer und Herbst eine
einzige Farben- und Blütenpracht.
Nun
ist die dänische Grenze fast erreicht. Und wer noch nicht genug hat, der fährt
auf der North Sea Cycle Route einfach nordwärts weiter. Und fährt und fährt und
fährt - bis er eines Tages wieder in Hamburg landet.
Copyright:
Nordseebäderverband
Schleswig-Holstein e.V.,
Postfach
1611,
25811
Husum
Weitere
Informationen zum Nordseeküsten-Radweg und allgemeine Informationen über die
Region Nordsee Schleswig-Holstein unter Telefon (01805) 066 077 (0,12 Euro/Min.)
und www.nordseekuestenradweg.de.